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Inhaltsangabe Reportage Frühling 2006 - Pessach 5766

Editorial
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Pessach 5766
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Politik
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Reportage
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Das Gute Gedächtnis
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Geburt in Jerusalem

Von Roland S. Süssmann

Eines Tages erzählte mir ein Rabbiner, ein Anthropologe habe ihm im Verlauf eines Gesprächs einmal Folgendes anvertraut: «In Bezug auf die Juden ist schon alles gesagt, geschrieben und untersucht worden, mit Ausnahme einer Frage, die mich beschäftigt und die ich zum Thema meiner nächsten Studie machen werde, nämlich: Die Elefanten und die Judenfrage». Darauf habe der Rabbiner geantwortet: «Eine im wahrsten Sinne des Wortes umfangreiche Problematik!». Eine vor kurzem bekannt gewordene Neuigkeit hat besagten Anthropologen bestimmt glücklich gemacht.
Es vergeht kein Tag, an dem der arabisch-israelische Konflikt nicht für Schlagzeilen sorgt. Im Allgemeinen geht es um Blutvergiessen, Todesopfer, Elend, politische Schachzüge und bestenfalls um einen schwammigen und illusorischen Friedensprozess. Doch am Schabbat, den 10. Dezember 2005, welche Überraschung! Eine angenehme und freudige Neuigkeit wurde in Jerusalem verkündet, die Geburt eines asiatischen Elefantenbabys im Biblischen Zoo der Hauptstadt des jüdischen Volkes! Da derartige Ereignisse äusserst selten sind, brach ich sofort zu einem Besuch im Biblischen Tiergarten von Jerusalem auf, um dort mit dem Direktor, SCHAÏ DORON, zu sprechen, damit er uns die genaueren Umstände dieser recht wundersamen Geburt erkläre.

In Ihrem Zoo gehören Geburten schon fast zur Tagesordnung, da hier bereits sieben Giraffenjunge, mehrere Affen usw. das Licht der Welt erblickten. Doch ein asiatischer Elefant ist doch etwas ganz Besonderes. Weshalb und wie haben Sie beschlossen, dieses Unterfangen zu wagen?

Eines der Hauptziele der modernen Tiergärten besteht aus der Erhaltung und Reproduktion gefährdeter Arten. Die Fortpflanzung der asiatischen Elefanten, insbesondere in den zoologischen Gärten, ist ziemlich problematisch, denn die Zahl der Geburten geht stetig zurück. Diese beiden Elemente haben uns bewogen, dieses herrliche Abenteuer in Angriff zu nehmen - die Geburt eines asiatischen Elefantenbabys. Darüber hinaus müssen wir besondere Anstrengungen unternehmen, wenn wir uns weltweit weiterhin zu den führenden Tiergärten zählen möchten, sowie viel Zeit, technische Mittel, menschliches Know-how und Geld investieren und ausserdem immer wieder eine Vorreiterfunktion übernehmen. Es muss ebenfalls betont werden, dass der Elefant in unserem Zoo eine der wichtigsten und publikumswirksamsten Attraktionen darstellt. Es ist ein sympathisches, aber schwer zugängliches Tier, doch bei uns werden die Elefanten jeden Freitag aus ihrem Gehege geholt und dürfen mit den Besuchern auf Tuchfühlung gehen, mit Karotten gefüttert und auch angefasst werden. Wir organisieren daneben eine Lotterie zugunsten des zoologischen Gartens, bei der die Scheine zum horrenden Preis von 1.- Schekel (ca. 0.30 Fr.) verkauft werden. Der Gewinner darf eine Runde auf dem Elefanten reiten. Diese Veranstaltung hat vor allem zum Zweck, unseren Besuchern, die aus allen Bevölkerungsschichten des ganzen Landes stammen, bewusst zu machen, wie wichtig es ist, für die Erhaltung der gefährdeten Tierarten im Allgemeinen und für den asiatischen Elefanten im Besonderen zu kämpfen. Dies geschieht auf viel wirkungsvollere Weise über eine «direkte Beziehung» zum Elefanten, die regelmässig erneuert werden kann, als über eine einmalige Exkursion nach Indien oder nach Thailand. Die Niederkunft unserer Elefantenkuh wurde überall auf der Welt mit grossem Interesse aufgenommen. Wir haben den Film von der Geburt ins Internet auf unserer Website gestellt, die von über 300'000 Menschen aus 76 Ländern, auch aus der arabischen Welt, besucht wurde.

Sie haben von der Tragweite des Ereignisses gesprochen. Können Sie uns auch beschreiben, wie diese Geburt technisch begleitet wurde?

Wir haben den ganzen Vorgang in Zusammenarbeit mit dem veterinärmedizinischen Institut von Berlin vorbereitet, mit dem wir ein ausgezeichnetes Arbeitsteam bilden. Da unser Elefantenbulle zu jung war, haben wir bei einem Tiergarten in Grossbritannien Elefantensamen bestellt, um damit eine In-vitro-Befruchtung durchzuführen. Dieses Vorgehen ist sehr heikel, denn nach der Abnahme der Samen beträgt die Lebensdauer der Spermien höchstens 10 Stunden. Diese zwingende Bedingung mussten wir also einhalten, damit das Sperma innerhalb der erforderlichen Mindestzeit in Israel eintraf und auch mit dem genauen Zeitpunkt der Fruchtbarkeit des Weibchens zusammenfiel. Das Verfahren ist extrem teuer und konnte es nur mit Hilfe von Spendengeldern durchgeführt werden. Wir hoffen, dass unser junger Bulle Teddy (nach Teddy Kollek benannt) in Zukunft als Spender für andere Zoos in Europa und im Mittleren Osten dienen kann. Die Mutter unseres Elefantenjungen heisst Tamar, wie die Ehefrau von Teddy Kollek. Das Baby wiederum haben wir Gabi getauft, in Erinnerung an unseren Cheftierarzt Dr. Gabi Eshkar, der einen grossen Teil dieser Aktion geleitet hat, doch leider vor der Geburt bei einem Autounfall ums Leben kam. Das letzte Foto, das wir von ihm haben, wurde zu dem Zeitpunkt im Zoo aufgenommen, als wir per Ultraschall entdeckten, dass unser zukünftiges Elefantenbaby gesund sein würde. Gabi starb am darauf folgenden Tag. Seine letzten Worte, die er hier an die Presse richtete, waren: «Wir kriegen ein Baby!». Zehn Wochen nach der Besamung konnten wir die grosse Neuigkeit effektiv mit Gewissheit verkünden. Der Erfolg war uns aber damals noch nicht sicher, denn im ersten Lebensjahr eines Elefantenbabys lauern zahlreiche Gefahren, und erst nach Ablauf dieses Jahres kann man von einem echten Erfolg sprechen. Ich muss aber sagen, dass Gabis Mutter phantastisch ist, sie kümmert sich vorbildlich um ihr Junges und beschützt es (eine richtige jüdische Mama.). Die Geburt an sich war aber sehr schwierig. Wir wussten ungefähr, wann die Niederkunft stattfinden würde, da wir die hormonelle Entwicklung sehr genau verfolgten. Als sich der Hormonanteil zu senken begann, war uns klar, dass es bald so weit sein würde. Die Nacht vor der Geburt war lang und hart, und am Morgen war das ganze Team - die Elefantenkuh, die Tierärzte, die Helfer und ich selbst - glücklich, aber auch erschöpft. Wir hatten Momente der intensiven Emotionen erlebt, denn ab und zu fürchteten wir, die Mutter zu verlieren, dann wieder das Kind, und endlich kam der Augenblick des Glücks, ein gesunder Gabi erblickte das Licht der Welt. Besonders rührend war der Moment, als unser Elefantenpfleger Amar, ein grosser, kräftiger Mann, Rotz und Wasser heulte und dabei Tamar umarmte, die glückliche Mutter! Er sagte zu mir: «Ich habe mehrere Kinder, doch ich weiss nicht, welche Geburt mich am meisten bewegt hat, diejenige meiner Söhne oder diejenige von Gabi!».

Die Geburt von Gabi stellt natürlich ein besonderes Ereignis dar, doch sie geht auch mit einer Reihe neuer Technologien oder Entdeckungen in der Tiermedizin einher. Welche gehören dazu?

Da gibt es mehrere Elemente, doch meines Erachtens ist die Entdeckung als wichtigste anzusehen, die einige Forscher im Krankenhaus Hadassah in Jerusalem gemacht haben, als sie eine Technik entwickelten, dank der man den genauen Tag bestimmt, an dem die Besamung erfolgreich vorgenommen werden kann. Wir konnten auf diese Weise unseren Berliner Kollegen 19 Tage vor dem besagten Datum genau angeben, wann das Sperma bei uns eintreffen sollte.

Glauben Sie, dass Ihre neue Technik auch auf andere Tierarten angewendet werden kann?

Das wäre in der Tat eminent wichtig. Wir stehen allerdings vor zwei Problemen: der Schwierigkeit, Sperma aus der Tierwelt zu erhalten, und den hohen Kosten. Wir haben bei der Europäischen Union um ein Stipendium gebeten, doch dieses Gesuch wurde bisher abgelehnt. Bei der Samengewinnung und beim sinnvollen und effizienten Transport des Samens ist eine äusserst komplizierte Technik erforderlich. Bei einem Rhinozeros z.B. verzeichneten wir einen Fehlschlag.
Abschliessend möchte ich betonen, dass das wunderbare Abenteuer der Geburt von Gabi uns sehr dazu ermutigt, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Ausserdem haben wir bewiesen, dass Neuigkeiten aus Israel nicht immer nur einen Konflikt betreffen müssen.


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