News Neueste Ausgabe Befragung: Resultate Suchen Archiv Français English Русский עברית Español


Inhaltsangabe Analyse Herbst 2006 - Tischri 5767

Editorial
    • Editorial - September 2006 [pdf]

Rosch Haschanah 5767
    • Licht und Gelassenheit [pdf]

Politik
    • Vor Lauter Bäumen… [pdf]

Interview
    • Hoffnung [pdf]
    • Brutales Erwachen [pdf]
    • Im Bombenregen leben [pdf]

Strategie
    • Der zweite Libanonkrieg [pdf]

Reportage
    • Das schwächste Kettenglied stärken [pdf]
    • Ein Schritt zum Licht [pdf]
    • Verwaltung der Wohltätigkeit [pdf]

Analyse
    • Der Feind im innern [pdf]
    • Negationismus - Antizionismus Antisemitismus [pdf]
    • Ngos und Arabischer Terrorismus [pdf]

Wissenschaft und Verteidigung
    • Das Auge von Jerusalem [pdf]

Israel-Japan
    • Shalom Sumotoris [pdf]
    • Jerusalem und Tokio [pdf]

Polen
    • Jerusalem und Warschau [pdf]
    • Die andere Revolte [pdf]
    • Polnische Realität [pdf]
    • Verband der Jüdischen Kultusgemeinden in Polen [pdf]
    • Den Antisemitismus bekämpfen [pdf]
    • Jude und Pole [pdf]
    • Jiddisch [pdf]
    • Chabad in Polen [pdf]
    • So Weit das Auge reicht [pdf]
    • Das Institut Zydowski [pdf]
    • Letzte Chance in Warschau ? [pdf]

Ethik und Judentum
    • Die Grundvoraussetzungen der Ehe [pdf]

Das Gute Gedächtnis
    • Die Ereignisse des Monats Oktober [pdf]

Artikel per E-mail senden...
Der Feind im innern

Von Professor Moshe Sharon *
Am 1. Oktober 2000 beschlossen die arabischen Staatsbürger Israels gegen den Staat zu rebellieren. In der Terminologie der zurechtgebogenen Medienausdrücke wurde diese Rebellion als „Demonstrationen”, „Zwischenfälle” oder so ähnlich bezeichnet, die Realität wurde dadurch vertuscht. Als Vorwand für diesen Aufstand gab man den Besuch Ariel Sharons, der damals in der Knesset der Opposition angehörte, vom 28. September 2000 auf dem Tempelberg von Jerusalem an. Die muslimischen Araber im gesamten Nahen Osten, in erster Linie aber die Palästinenser, interpretierten seinen Besuch an der weltweit heiligsten Stätte des jüdischen Volkes als einen Akt der „Provokation”, der den heiligen Ort der Muslime „beschmutzt” habe.
Jassir Arafat und seine Terroristenbanden hatten nur auf diesen Moment gewartet, um einen erneuten, vollwertigen Terrorkrieg gegen Israel vom Zaun zu brechen. Sie ergriffen die Gelegenheit sofort beim Schopf: am darauf folgenden Tag, dem 29. September, setzte eine Flut von brutalen Terrorangriffen ein, die mit einer massiven Aufhetzungskampagne der im Land lebenden Muslime einherging. Es spricht für sich, dass sie diese neue Terrorwelle die „El-Aksa-Intifada” nannten und ihr somit eine symbolische religiöse Bedeutung verliehen.
Am 1. Oktober 2000 schlossen sich die arabischen Israelis unter dem Einfluss ihrer Anführer, zu denen auch Knessetabgeordnete gehören, dieser Bewegung an, indem sie offen gegen den Staat zu rebellieren begannen. Der arabische Mob aus Städten und Dörfern in ganz Israel riegelte wichtige Verkehrsachsen im Land ab, insbesondere die Hauptstrasse durch Wadi Ara, welche die zentralen Landesteile mit dem Norden verbindet. Sie zündeten Zweigstellen der Post, Tankstellen, Polizeiposten, Banken und andere öffentliche Einrichtungen an, aber auch private jüdische Geschäfte. Viele unschuldige jüdische Reisende, die den aufgestachelten arabischen Jugendlichen in die Hände gerieten, wurden fast zu Tode geprügelt, ein älterer Jude wurde durch einen Stein getötet, den man auf sein Auto geschleudert hatte. Die Polizei brauchte 3 Tage, um der ersten Terrorwelle Herr zu werden, die jedoch am 7. Oktober wieder entfacht wurde und weitere 3 Tage wütete.
Bei der Unterdrückung des Aufstands kamen nur 13 Araber ums Leben, hauptsächlich deswegen, weil die Polizei sich im Kampf gegen die Rebellen grösste Zurückhaltung auferlegte. Als etwas später die Regierung einen Sonderausschuss ins Leben rief, um die Ereignisse zu untersuchen, tadelte dieser die Polizei, weil sie sich nicht diskret genug verhalten habe!
Diese Vorfälle sowie die Reaktion Israels stellen - knapp ausgedrückt - das Hauptproblem des Staates Israel dar: seit seiner Gründung hat er den Kopf in den Sand gesteckt und sich geweigert, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass ein mächtiger Feind in seinem Inneren gross geworden ist und seine Existenz bedroht.
Israel ist in erster Linie als jüdischer Staat, aber auch als demokratischer Staat erschaffen worden. Wenn die in Israel lebenden Araber den jüdischen Staat als ihre Heimat akzeptiert hätten, wären sein jüdischer Charakter und die Demokratie ein Segen für sie gewesen. Doch die Araber Israels sehen sich als Teil der arabischen Welt und eigentlich als „Araber im besetzten Palästina”. Sie geniessen jeden Vorteil, den ein demokratischer Staat zu bieten hat, doch gleichzeitig teilen sie zusammen mit den Feinden Israels die Hoffnung, dass dieser jüdische Staat, in dem sie einen Lebensstandard geniessen wie sonst keine Araber im Nahen Osten, irgendwann nicht mehr existiert.
Der Ausschuss, der die „Oktober-Ereignisse” untersuchte, kam unter anderem zum Schluss, sie seien das Ergebnis der staatlichen Diskriminierung der Araber. Dabei sind es in Wahrheit doch die Juden, die im Vergleich zu den in Israel lebenden Arabern diskriminiert werden. Die Araber, die heute über 20 Prozent der Landesbevölkerung ausmachen, leisten keinen Militärdienst. Offiziell sind sie „befreit” davon, doch in Wirklichkeit weigern sie sich, sich für irgendeinen Dienst am Staat einzusetzen, und sei er noch so friedlich, selbst wenn ihre eigene Bevölkerungsgruppe davon profitiert. Sie fühlen sich in keiner Weise verpflichtet, den Staat zu verteidigen oder irgendwie zu seinem Erfolg beizutragen. Ihre Einstellung gegenüber Israel kann in einem beliebten Sprichwort zusammengefasst werden: „Wenn man dir gibt, so nimm; wenn man dir nimmt, so schrei”. Aus diesem Grund umgehen sie es, der Gemeinde oder dem Staat echte Steuern zu zahlen. Doch gleichzeitig geniessen sie alle Dienstleistungen und Vorteile, die ein Staat seinen Bürgern bietet. Da sie kaum Lohnsteuer zahlen, werden sie statistisch gesehen zu den tiefen Einkommen oder gar Mittellosen der Gesellschaft gezählt. Jeder, der durch die arabischen Städte und Dörfer in Israel reist, ist aber erstaunt über die wunderbaren Villen, in denen diese „mittellosen Bürger” leben. Kein einziger der „liberalen humanitären Wohltäter”, welche die „Armut” der israelischen Araber beklagen, hinterfragt auch nur einen Augenblick die Quelle, aus der die finanziellen Mittel für den Bau solch stattlicher Häuser stammen.
Die israelischen Araber werden in der Knesset durch drei Parteien vertreten, die in freien, demokratischen Wahlen gewählt werden. Eine von ihnen ist offiziell kommunistisch, eine andere islamistisch und die dritte „national-demokratisch”, doch im Hinblick auf ihre Einstellung zu Israel als jüdischem Staat sind keine Unterschiede zwischen ihnen auszumachen. Sie alle stehen offen zu ihrem Wunsch, dass er irgendwann nicht mehr besteht, obwohl alle drei einen Eid geschworen und „dem Staat Israel und seinen Gesetzen” Treue gelobt haben, als sie in die Knesset aufgenommen wurden. Die folgenden Beispiele sollten zur Bekräftigung dieser Tatsache ausreichen.
Wasil Taha ist Knessetabgeordneter und vertritt die „National-demokratische Allianz”. Er hat die Entführung von israelischen Soldaten durch die libanesische Terrororganisation Hisbollah und die Terrorgruppe Hamas aus Gaza im Juli dieses Jahres ganz offen gut geheissen. Vor über fünf Jahren reiste sein Kollege und Parteichef, der Christ Azmi Bisharah, nach Syrien und forderte, neben Nasrallah, dem Anführer der Hisbollah, und dem syrischen Präsidenten Bashir Assad stehend, in aller Öffentlichkeit die Fortsetzung des Krieges gegen Israel. „Die arabische Welt sollte sich zusammenschliessen”, sagte er, „und gemeinsam einen Plan für einen panarabischen Kampf anstelle kleiner lokaler Aufstände der Palästinenser oder Libanesen ausarbeiten. Die gegenwärtige Situation macht die Einheit der Araber erforderlich, die heute nicht existiert.”
Gemäss der von Bishara vertretenen Politik sollte Israel von einem jüdischen Staat zu einem Staat „für alle Bürger” werden. Er will mit anderen Worten, dass die einzige Heimat der Juden auf der ganzen Welt zusammen mit allen damit einhergehenden Symbolen, einschliesslich Flagge und Nationalhymne, aufgehoben wird. Und dieser Mann ist Mitglied des israelischen Parlaments!
Muhammad Barakah, Chef der arabischen kommunistischen Partei, erklärte: „Ich bin nicht loyal einem Staat gegenüber, der jüdisch und zionistisch ist… Er ist kein goldenes Kalb, das ich anzubeten habe”. Dieser Mann gelobte dem „Staat Israel und seinen Gesetzen” Treue, bevor er seinen Sitz in der Knesset einnahm.
Ahmad Tibi gehört der Partei an, die aus der „Vereinigten Arabischen Liste” und der „Arabischen Bewegung für Erneuerung” zusammengesetzt ist. Diese Partei vertritt die islamische Bewegung, die sich selbst als Teil der islamischen Front sieht. Im Islam gilt die Auflösung Israels als religiöse Pflicht. Er fordert ebenfalls regelmässig die Abschaffung aller jüdischen Symbole des Staates, zunächst der Flagge, der Nationalhymne und der Menorah. In Anspielung auf die Versuche der Araber, Israel, den Staat, in dessen Parlament er sitzt und an dessen Universität er seinen Doktortitel als Arzt erworben hat, zu vernichten, erklärte er wiederholt: „Eine arabische Flagge, die über einem freien arabischen Land weht, ist eine Quelle des Stolzes. Ich zweifle nicht daran, dass fast alle Araber in Israel so empfinden. Jeder, der etwas anderes behauptet, lügt”.
Als Saddam Hussein 1991 mit Raketen Israel angriff, standen viele in Israel lebende Araber auf der Seite des irakischen Diktators und hielten mit ihrer Sympathie für ihn nicht hinter dem Berg. „Wir Araber in diesem Land”, sagte Tibi, „möchten eine starke arabische Streitkraft sehen, die in der Lage ist, es mit der Achse USA-Israel aufzunehmen”. Und dies sind erst die gemässigten Aussagen dieser arabischen Abgeordneten im israelischen Parlament, die alle sämtliche Rechte und Privilegien geniessen, die ihnen die jüdische Demokratie bieten kann. Ähnliche und schlimmere Erklärungen stammen von anderen arabischen Mitgliedern der Knesset, die bei der Formulierung feindseliger Aussagen gegenüber Israel miteinander zu wetteifern scheinen.
In ihren jüngsten Erklärungen sprechen sich Wasil Taha und Muhammad Baraka in einer Zeit, in der Israel mitten in einem Zweifrontenkrieg gegen Hisbollah und Hamas steht, für die Entführung und Ermordung von israelischen Soldaten aus und liefern auch gleich die Rechtfertigung für diese Taten. „Die Hisbollah und die anderen haben nur ihr Recht in Anspruch genommen und ihre Pflicht erfüllt: sie gehen gegen die israelischen Besatzer vor und verjagen sie”. Vergessen wir dabei nicht, dass Israel sich im Jahr 2000 aus dem Libanon zurückgezogen hat und dass es seit fast einem Jahr keine Spur mehr von Israels “Besatzung” in Gaza gibt.
Bei seiner Gründung erklärte der Staat Israel, er würde keinen Unterschied zwischen seinen Bürgern machen. Die israelischen Araber geniessen die Dienstleistungen und die Vorzüge eines modernen Staates. Sie profitieren von einem modernen Bildungswesen, von moderner Technologie, modernen medizinischen Einrichtungen und einer hohen Geburtenrate sowie einer sehr tiefen Säuglingssterblichkeit. In den vergangenen 57 Jahren ist er um das 10fache gewachsen. Die Araber machen 1’500’000 Personen von etwas mehr als 7'000'000 Einwohnern Israels aus. Sie geniessen eine Lebensqualität, wie sie in vielen anderen arabischen Ländern nicht existiert. Der Analphabetismus ist verschwunden, die Universitäten stehen ihnen offen wie allen anderen Staatsbürgern. Sie besitzen ein eigenes Schulsystem, das auf Arabisch geführt wird, und sie können an so vielen kulturellen Aktivitäten in arabischer Sprache teilnehmen, wie sie wollen. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, sie seien sich der Vorteile eines Lebens in Israel nicht bewusst. Während ihre Anführer gegen Israel hetzen, sind die meisten israelischen Araber entsetzt bei dem Gedanken, unter arabische Herrschaft zu kommen. Sie sind sich durchaus bewusst, wie omnipräsent Korruption, Rückständigkeit, Armut, Analphabetentum und andere Probleme bei ihren nächsten Nachbarn der Palästinensischen Autonomiebehörde sind und sehnen sich nicht danach, dazuzugehören. Sie brauchen Israel, auch wenn sie sich dagegen sträuben.
Ein älterer arabischer Politiker beschrieb die Gefühle der israelischen Araber wie folgt: “Israel ist wie eine Stiefmutter – wir sind froh, dass sie sich um uns kümmert, aber wir wünschen ihr den Tod.”
Nach allem, was gesagt und getan wurde, kommt die Gefahr für Israel nicht nur von den Arabern ausserhalb des Landes, sondern vom Feind im Innern. Die israelischen Araber sind nicht nur ein demografisches, sondern auch ein geografisches Problem. Sie leben konzentriert in Galiläa, im Zentrum des Landes, und im Negev. Es ist damit zu rechnen, dass sie in ein paar Jahren in diesen Regionen die nationale Autonomie und später die Loslösung verlangen werden. Einige arabische Knessetabgeordnete haben bereits Vorstösse in diese Richtung gemacht. Die Möglichkeit, dass der Staat von innen heraus zerstört wird, stellt daher die eigentliche Gefahr dar. Und darauf weiss Israel keine Antwort.

* Professor Moshe Sharon, weltweite Koryphäe für die arabische Sprache und Kultur und Professor für islamische Geschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem.

Contacts
Redaction: edition@shalom-magazine.com   |  Advertising: advert@shalom-magazine.com
Webmaster: webmaster@shalom-magazine.com

© S.A. 2004