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Inhaltsangabe Reportage Herbst 1998 - Tischri 5759

Editorial - Herbst 1998
    • Editorial

Rosch Haschanah 5759
    • Furcht und Freude

Politik
    • Man kennt den Schuldigen

Interview
    • Zeugnis der First Lady Israels I.E. Sarah Netanyahu
    • Jerusalem

Junge Leader
    • Tzachi Hanegbi

Judäa-Samaria-Gaza
    • Zwischenstation in Beth El

Analyse
    • Der Jom-Kippur-Krieg - 25 Jahre danach

Kunst und Kultur
    • Jüdische Bekleidung
    • San Francisco
    • Generationen von Liedern

Reportage
    • Jeruschalayim und Bucuresti
    • Überleben
    • Rumänische Begegnungen
    • Dynamik und Effizienz

Shalom Tsedaka
    • S.O.S. Orthodoxe Frauen

Ethik und Judentum
    • Schmerzen lindern - Mit welchem Risiko ?

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Rumänische Begegnungen

Von Roland S. Süssmann
Während unseres Aufenthalts in Rumänien sind wir vielen aussergewöhnlichen Menschen begegnet, vor allem Persönlichkeiten des jüdischen Lebens, wie z.B. DOREL DORIAN, dem Chefredakteur der ausgezeichneten, zweimal monatlich erscheinenden jüdischen Zeitschrift "Realitatea Evreiasca", und dem Senator RADU FELDMANN ALEXANDRU, dem Abgeordneten der sozialdemokratischen Regierungspartei des Präsidenten Petru Roman, dessen Vater, vergessen wir es nicht, Jude war und Neulander hiess.

S.E. Parlamentarier Dorel Dorian
Der Schriftsteller und Dramaturge Dorel Dorian leitet "Realitatea Evreiasca " seit ungefähr drei Jahren und ist der offizielle Abgeordnete der jüdischen Gemeinde im rumänischen Parlament. Im Rahmen seiner verschiedenen Aktivitäten kämpft er insbesondere energisch gegen antisemitische Angriffe und regelmässig erscheinende judenfeindliche Publikationen. "In der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der sich Rumänien befindet, verwenden die rechtsradikalen Parteien offen den Antisemitismus, um Wähler anzuziehen. Sie beschuldigen die Juden, an allem schuld zu sein, vor allem klagen sie sie an, den Kommunismus nach Rumänien gebracht zu haben. Dies wirkt umso lächerlicher, wenn man weiss, dass 400'000 Juden seit 1947 vor dem rumänischen Kommunismus geflohen sind", bedauert Dorel Dorian. Er wendet sich mit grosser Entschiedenheit gegen die Machenschaften der rechtsextremen Nationalisten und zögert nicht, die Verbindungen dieser Leute mit den arabischen Staatschefs, wie Ghadafi und Saddam Hussein, aufzudecken.
Im Rahmen seiner Aufgabe im Parlament versucht Dorian die Auszahlung von Renten für die 700 bis 800 Juden zu erhalten, die aus der Deportation zurückgekehrt sind. Vergessen wir nicht, dass 400'000 rumänische Juden während des Zweiten Weltkriegs ihr Leben verloren haben, ungefähr 150'000 wurden von Transsylvanien aus, das von Ungarn besetzt war, nach Auschwitz transportiert, 150'000 andere sind während ihrer Deportation in den Lagern von Transnistrien (Zone zwischen den Flüssen Bug und Dnjestr) umgekommen: es waren keine Vernichtungslager mit Gaskammern, die Menschen starben hier aus Hunger und an Mangelerscheinungen. In diesen Lagern wurden ebenfalls die berühmt-berüchtigten "Todeszüge" gebildet, in denen die Gefangenen ohne Nahrung und ohne Wasser gepfercht wurden. Die Züge rollten dann tagelang, bis ihre Insassen unter entsetzlichen Bedingungen gestorben waren. Darüber hinaus starben 80'000 Juden infolge von Hunger und schlechter Behandlung, 25'000 andere kamen in Rumänien unter anderem in den Massakern von Bukarest und Iasi ums Leben. Obwohl sich Dorian der Tatsachen und Schwierigkeiten sehr wohl bewusst ist, denen die jüdische Gemeinde von Rumänien gegenübersteht, kommt in den folgenden Worten ein vorsichtiger Optimismus zum Ausdruck: "Unser Feind ist die Zeit, die vergeht, denn wir sind eine Gemeinde, die zu 70% über 65 Jahre alt ist. Wir wehren uns jedoch gegen unser Verschwinden, da wir letztendlich sehr dynamisch sind! "

S.E. Senator Radu Feldmann Alexandru
Senator Radu Feldmann Alexandru, der einzige jüdische Senator in Rumänien, war vor der Revolution Mathematiklehrer. Dieser Autor von Prosa und Theaterstücken, Philosoph und Filmemacher hat unter dem Regime von Ceauscescu mehrmals den Job verloren. Da seine Werke, KZ-Literatur, und seine realistischen und harten Theaterstücke, welche das Regime angriffen, verboten wurden, war Radu Feldmann Alexandru gezwungen, in einer Firma für Kindertrickfilme kleine Arbeiten zu erledigen. Nach der Revolution lud ihn das Aussenministerium ein, das Ministerium aufzusuchen, um zum Kulturattaché der rumänischen Botschaft in Tel Aviv ernannt zu werden. Er war ausschliesslich unter dem Namen Radu F. Alexandru bekannt, füllte jedoch die Einstellungsformulare mit seinem vollständigen Namen unter der Angabe von "Feldmann" aus. Aus unerfindlichen Gründen wurde er nie in Tel Aviv ernannt. Ausser seiner Frau und seiner Tochter Deborah hat Alexandru in Rumänien keine Familie mehr, da seine Eltern gestorben sind und sein Bruder, seine Onkel und Tanten in Israel leben. Der Senator ist auch Vizepräsident des Kultur- und Freundschaftsverbands Rumänien-Israel, Vizepräsident der parlamentarischen Gruppe für die rumänisch-israelische Freundschaft und wurde vor kurzem zum Vizepräsidenten der parlamentarischen Gruppe für die rumänisch-jordanische Freundschaft gewählt! Trotz seiner Arbeit als Senator hat Alexandru das Schreiben nicht aufgegeben, und eines der Stücke, das er nach der Revolution geschrieben hatte, wurde vor kurzem vom rumänischen Nationaltheater in Bukarest und in Timisoara aufgeführt. Interessanterweise ist dieses Stück, das von einem jüdischen Thema handelt und den Antisemitismus in Rumänien nach der Revolution anprangert, äusserst erfolgreich und hat bereits mehrere Literaturpreise gewonnen. Auf politischer Ebene geht Senator Radu Feldmann Alexandru davon aus, dass der Antisemitismus in Rumänien ein echtes Problem darstellt, das seiner Ansicht nach vom gegenwärtigen Leadership der Gemeinde nicht mit genügend Nachdruck bekämpft wird. Er erinnert sich mit Bedauern an die Zeit des verstorbenen Grossrabbiners Moses Rosen szl., der einen unerbittlichen, harten und ausdauernden Kampf führte, damit die Rechte und die Würde der Juden in seinem Land respektiert würden. "Der erfolgreiche Kampf gegen den Antisemitismus und für unsere Rechte erfolgt in erster Linie über die Aktivität der Gemeinde. Wir können weder von den Parlamentariern, noch vom Präsidenten oder den Ministern erwarten, dass sie sich an diesem Kampf beteiligen, wenn wir uns einzig mit diplomatischen, sehr verhaltenen Aktionen begnügen." Im Rahmen des Parlaments greift Alexandru beständig Vadim Tudor an, den Tribun der nationalistischen rechtsradikalen Partei. Vadim Tudor veröffentlicht regelmässig ungeschminkte antisemitische Angriffe in der Presse, die sich wiederum fürchtet und es ablehnt, die Antworten von Senator Radu Feldmann Alexandru abzudrucken!
Beim Abschied sagte uns der Senator noch folgendes: "Vadim Tudor, der in Rumänien sehr populär ist, stellt nicht nur für die Juden, sondern auch für das Überleben des rumänischen Rechtsstaates eine Gefahr dar. Er hat zahlreiche Anhänger, da die Geduld der Bevölkerung angesichts der Wirtschaftskrise langsam erschöpft ist."

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