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Inhaltsangabe Aktuell Frühling 1997 - Pessach 5757

Editorial - April 1997
    • Editorial

Chanukkah 5757
    • Ein kleines Licht genügt

Politik
    • Die Flucht nach vorne

Interview
    • Gespräch mit S.E. Arnold D. Koller

Aktuell
    • Wer profitierte vom Völkermord der Nazis ?
    • Begegnung mit S.E. Alfonse M. D'Amato
    • Das Gesetz ist wichtiger als Gesten

Judäa - Samaria - Gaza
    • Zwischen Hammer und Amboss
    • Maale Adumim

Kunst und Kultur
    • Die Bodmer Haggadah
    • Schlicht und Ergreifend
    • Jüdische Scherenschnitte

Reportage
    • Prag und Jerusalem
    • Das jüdische Leben in der Tschechischen Republik
    • Das jüdische Museum Prag
    • Terezin - Das Vorzimmer von Auschwitz

Portrait
    • Das magische Paar

Schicksal
    • Von Nedjo nach Princeton

Ethik und Judentum
    • Technologie und menschlisches Eingreifen

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Begegnung mit S.E. Alfonse M. D'Amato

Von Roland S. Süssmann
Als der Jüdische Weltkongress endlich beschloss (warum so spät ?), sich um die Frage der nachrichtenlosen jüdischen Guthaben auf Schweizer Banken und um das Problem der Finanztransaktionen mit Nazideutschland zu kümmern, besass er angesichts der Einstellung der schweizerischen Banken und Behörden keine andere Wahl, als zur Vorantreibung des Dossiers Senator Alfonse M. D'Amato, den Präsidenten der mächtigen Bankenkommission des amerikanischen Senats, um Unterstützung zu bitten. Dieser war gut dokumentiert und packte den Stier auch sofort bei den Hörnern, indem er die Schweiz in jeder Hinsicht anklagte. Wenn die Schweizer Banken letztendlich bereit sind, allmählich einen Schritt in die richtige Richtung zu tun, ist dies in erster Linie dem tatkräftigen, um nicht zu sagen energischen Vorgehen des sehr aktiven Senators zu verdanken. Gleichzeitig haben auch die jüdischen Organisationen weiterhin eine wichtige Rolle gespielt, doch es ist zu bezweifeln, dass die Situation ohne das Eingreifen von Alfonse M. D'Amato sich einer Lösung genähert hätte. Die Methoden des Senators gefallen vielleicht nicht jedem, einige behaupten gar, er wolle damit nur einer jüdischen Wählerschaft den Hof machen, weil diese ihm noch fehlt: dies konnte jedoch nicht bewiesen werden. So bleiben nur die Fakten und die Ergebnisse seiner Aktion, die noch lange nicht abgeschlossen ist, auch wenn die Angelegenheit sich in der Schweiz um einiges weiterentwickelt hat. Wir wurden in New York von Senator Alfonse M. D'Amato exklusiv empfangen.


Nachdem der Präsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft die Schaffung eines bedeutenden Solidaritätsfonds angekündigt hat, müssten Sie doch sehr zufrieden sein ?

Ich bin sehr glücklich und meine, man sollte Präsdident Koller zu seiner Geste gratulieren. Es handelt sich in Wirklichkeit um das implizite Eingeständnis einer moralischen Verpflichtung, sich mit den Fragen um die Fehler der Vergangenheit zu befassen. Es ist ein grosser Schritt nach vorn, denn es ist alles andere als einfach, öffentlich zuzugestehen, dass man sich seiner Verantwortung stellen muss.


Ist heute ein Ende der Krise in Sicht ? Haben Sie Ihre Aufgabe erfüllt ?

Meiner Ansicht nach ist es von Bedeutung, die Kommissionen Volker und Bergier arbeiten zu lassen und ihre Ergebnisse abzuwarten. Meine Aufgabe beschränkt sich natürlich nicht auf die Schweiz. So bin ich letztlich mit dem spanischen Botschafter zusammengetroffen und werde auch weiterhin meine Arbeit in dieser Richtung fortsetzen um zu bestimmen, welche anderen Länder von den Greueltaten des letzten Weltkriegs profitiert haben. Wir wollen mit der Zeit für jedes Land eine Abrechnung machen, um die Verantwortlichkeit und vor allem die Wahrheit so gründlich wie möglich zu ermitteln. Wir werden zahlreiche Länder fragen, was aus dem gestohlenen, bei ihnen hinterlegten Geld geworden ist. In der Schweiz erleben wir heute eine grundlegende Veränderung der Haltung, was sehr wichtig ist. Wir können jetzt kooperativ zusammenarbeiten und gemeinsam die Gerechtigkeit dort finden, wo dies noch möglich ist.


Sie haben mit der Schweiz begonnen und werden jetzt ihre Tätigkeit auf andere Länder ausdehnen. Gab es nicht auch in den Vereinigten Staaten nachrichtenlose Konten, und wenn ja, was ist aus diesen Vermögen geworden ?

Wir werden in der Tat mit buchhalterischen Nachforschungen in den drei grossen schweizerischen Bankinstituten beginnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg hier Konten besassen. Das New York Department of Banking ist dabei, eine Untersuchung bei den drei schweizerischen Grossbanken durchzuführen.


Wie steht es um die Vermögen, die in amerikanischen Banken hinterlegt wurden ?

Alle Konten wurden seit 1933 von den drei Schweizer Grossbanken verwaltet...


Glauben Sie nicht, dass in amerikanischen Banken nachrichtenlose Konten von Privatpersonen existieren ?

Unsere Gesetze sind sehr verschieden. In den USA ist es Pflicht, die Namen der Konteninhaber, die sich seit einer bestimmten Zeit nicht gemeldet haben, in den Zeitungen zu veröffentlichen, Listen zu erstellen, Nachforschungen zu betreiben usw. Wenn in der Schweiz ein ähnliches Verfahren befolgt worden wäre, wäre es nie zu den heutigen Problemen gekommen.


Sie sind zu einem Meister geworden, wenn es darum geht, im Hinblick auf die Fehler der Vergangenheit, so es möglich ist, eine gewisse Gerechtigkeit wiederherzustellen. Wie steht es um die Ungerechtigkeiten unserer Zeit ? Der Terrorist Arafat wird in den Vereinigten Staaten nämlich wie ein Staatsoberhaupt empfangen, der er gar nicht ist. Denken Sie nicht, dass es Ihre Pflicht wäre, die finanziellen Aktivitäten der von ihm geleiteten Terroristenorganisation zu überprüfen ?

Wir leben gegenwärtig in einer äusserst heiklen Situation zwischen Israelis und PLO. Es würde uns sicher angekreidet werden, wenn wir in eine Situation eingreifen, die im Moment einen allgemeinen Krieg um Haaresbreite zu vermeiden versucht. Solange Arafat mit den Israelis verhandelt, wäre es gefährlich, sich in diesen Prozess einzumischen; es wäre wohl sogar unverantwortlich, gegen Arafat eine Untersuchung einzuleiten. Meiner Ansicht nach wäre es bei der gegenwärtigen Lage der Dinge, zu diesem Zeitpunkt, eine unbedachte Handlung. Wir unternehmen demnach keine Schritte dieser Art gegen Arafat... im Moment.


Haben Sie sich bereits Gedanken über die Verteilung der von der Schweiz zur Verfügung gestellten Summe gemacht ? Denken Sie, dass der Gesamtbetrag automatisch dem Jüdischen Weltkongress überwiesen werden muss ?

Es existiert ein breitgefächertes Komitee, an dem alle Institutionen teilnehmen, die sich an der Suche nach der Wahrheit beteiligen: ich denke an den amerikanischen Rückerstattungsausschuss, die schweizerische Regierung, den Jüdischen Weltkongress usw., die gemeinsam als weitreichende Beratungsstelle eine Liste der Begünstigten ausarbeiten müssen. In den kommenden Monaten werden die Bedürftigsten bereits einen Teil dieses Fonds erhalten. Alle Menschen, die nachweisen können, dass ihre Familie ein Konto in der Schweiz besass, sollten ihre Vermögenswerte demnächst zurückerhalten. Ich könnte mir vorstellen, dass es da verschiedene Niveaus und Klassen von Empfängern geben wird, und als erste sollten diejenigen drankommen, die unter dem Nazi-Regime oder auch unter dem Kommunismus gelitten haben und heute in prekären finanziellen Verhältnissen leben. Es handelt sich nur um einige allgemeine Ideen, wir müssen also die verantwortlichen Kommissionen arbeiten lassen, damit sie die Details ausarbeiten. Es besteht kein Zweifel, dass heute die Zeit drängt, da die Überlebenden der Schoah nicht jünger werden.


Ihr Vorgehen hat eine Welle von Antisemitismus ausgelöst, die hauptsächlich in den Leserbriefen der schweizerischen Presse zum Ausdruck kam. Was halten Sie davon ?

In jeder liberalen Gesellschaft gibt es immer Minderheiten, die ihren Hass an den Tag legen. Ich glaube jedoch nicht, dass uns dies ermächtigt, über ein Land oder eine Bevölkerung ein allgemeines Urteil zu fällen. Ich bedaure, dass es Herr Blocher für nötig befunden hat, sich von der in der Schweiz entstehenden positiven Grundströmung abzuheben, doch er hat sich durch seine Handlungsweise selbst ausgegrenzt. Abschliessend möchte ich sagen, dass meiner Ansicht nach die jüngste Geste des Bundespräsidenten Arnold Koller die Beziehungen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten verstärkt und dass diese Entwicklung uns allen zugute kommen wird.

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