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Inhaltsangabe Politik Herbst 1994 - Tischri 5755

Editorial - September 1994
    • Editorial

Rosch Haschanah 5755
    • Der Klang des Schweigens

Politik
    • Die Rückkehr des Fanatismus
    • Risse und Spalten im politischen System

Interview
    • Was nun... ?
    • Die Wächter der Hoffnung

Ehrerbietung
    • Der Lubawitscher Rebbe

Judäa - Samaria - Gaza
    • Der Gazastreifen - Lebenswichtige Präsenz für Israel
    • Die Jüdischen Frauen des Gazastreifens

Kunst und Kultur
    • Die Kunst rund um das Sukkot Fest
    • Der Kunstmarkt in Israel
    • Mela Muter (1876 - 1967)

Analyse
    • Der Islam in der Politik des Mittleren Ostens
    • Die besten Freunde der Welt...

Israel - Thailand
    • Ausgezeichnete Zusammenarbeit
    • Frau Botschafter...

Wirtschaft
    • Konstanter Fortschritt

Ethik und Judentum
    • Ein neues Jahr - Aber welches ?

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Die Rückkehr des Fanatismus

Von Emmanuel Halperin, unserem Berichterstatter in Jerusalem
Der Kampf gegen den Integrismus algerischer Färbung in Frankreich, die Furcht, ein Sieg der bärtigen Fundamentalisten könnte ansteckend wirken auf die "gemässigten" Regimes von Tunis und Rabat, die Machenschaften Irans hinter den Kulissen Europas und Amerikas sollten den führenden Politikern und der öffentlichen Meinung der westlichen Staaten zu denken geben. Vielleicht gar - doch dies ist wohl zuviel verlangt - schätzen sie dadurch die Gefahr, die Israel droht, sowie die möglicherweise schon bald eintretenden unheilbringenden Konsequenzen der gegenwärtigen Öffnung gegenüber der arabischen Welt realistischer ein.
Rabin hat anfangs August einen wenig beachteten Appell an den Westen und an die arabischen Nachbarstaaten gerichtet. Er machte ihnen den Vorschlag, Seite an Seite gegen den islamischen Fanatismus zu kämpfen. Eine direkte Reaktion auf diesen Aufruf blieb jedoch aus. Die offene Zusammenarbeit mit Israel in diesem Bereich war noch nie nach dem Geschmack der westlichen Regierungen. Während der noch nicht lange zurückliegenden Zeit des palästinensischen und "revolutionären" Terrorismus befanden sich die Israelis allzu oft in der Isolation und waren zum Alleingang gezwungen, da sie sich nicht wirklich auf die Unterstützung insbesondere der europäischen Staaten verlassen konnten, die jeden Terroristen, den sie schnappten, umgehend wieder freiliessen. Als Gegenleistung erhielten sie zweifellos trügerische Versprechungen verschont zu werden.
Zwei Jahrzehnte waren notwendig, damit ein Verbrecher wie Carlos ins Netz ging, der vom Sudan, einem der härtesten islamischen Regimes, an Frankreich ausgeliefert wurde. Der Sudan unterdrückt mit grosser Grausamkeit die Forderungen nach Autonomie der Christen im Süden, ohne dass die christlichen Nationen mit der Wimper zucken.
Hier liegt das eigentliche Problem. Kann man wirklich einer internationalen Staatengemeinschaft Vertrauen schenken, die gestern Kompromisse mit dem Terrorismus abschloss und heute die Augen vor den Verbrechen blutrünstiger Regimes verschliesst, solange diese sie nicht direkt bedrohen ?
Das Beispiel Argentiniens stimmt nachdenklich. Zwei Jahre nach dem ungesühnten Anschlag gegen die israelische Botschaft wurden Gebäude durch eine Autobombe zerstört, in denen Institutionen der jüdischen Gemeinde untergebracht waren. Präsident Menem zerdrückt eine Träne, lädt sich die gesamte Verantwortung auf, wettert gegen die Mörder. Ziemlich rasch stellt sich heraus, dass iranische Diplomaten in die Sache verwickelt waren. Was unternehmen die argentinischen Behörden ? Nicht viel.
Sind die geschäftlichen Beziehungen mit dem Iran zu vielversprechend, um sie eventuell zu gefährden ? Teheran hat bestimmt einen Verweis erhalten, doch wer weiss ? Vielleicht haben die Argentinier nun auch, wie so viele vor ihnen, darum gebeten, in den Genuss eines privilegierten Status zu gelangen, als Gegenleistung für einige Konzessionen: "Führt eure Attentate nicht mehr bei uns aus, und ihr könnt unserer Verschwiegenheit gewiss sein". Möglicherweise tut man damit Argentinien unrecht, falls dieses Land nur eine Unterlassungssünde begangen hat oder Inkompetenz hat walten lassen. Doch das Szenario wirkt durchaus glaubhaft.
Demnach kann es auch anderswo, überall, wiederholt werden, sobald die Fanatiker des Islam begriffen haben, dass ein Anschlag gegen das World Trade Center in New York oder die Ermordung von Franzosen in Frankreich die lokalen Behörden zwingt, sie zu verfolgen und zu bekämpfen. Dies wäre nicht unbedingt der Fall, falls das Ziel israelisch oder auch einfach nur jüdisch ist, denn dann geht uns dieser Konflikt "nichts mehr an". Dies erklärt den Appell Rabins, dessen Furcht echt ist, und die schwachen Reaktionen, die der Aufruf auslöste, wodurch seine Besorgnis nur verstärkt wurde. Denn die Zugeständnisse, die seine Regierung den Palästinensern machte, morgen den Jordaniern und demnächst den Syrern machen wird, erweisen sich, milde ausgedrückt, als ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Dieses Spiel betrifft die Stabilität des Nahen Ostens, die Anerkennung Israels durch seine Nachbarn, eine gemeinsame wunderbare Zukunft der Zusammenarbeit und des Fortschritts. Schon vor der Abtretung der Golanhöhen spürt Israel die ersten Vorzeichen einer Rückkehr zu den Grenzen von vor 1967. Die Jordanier verkünden die Absicht, nach dem Vorbild der Ägypter jeden umstrittenen Zentimeter des "heiligen Bodens" zurückzuverlangen, was Israel vor grosse Probleme betreffend die Wasserversorgung stellen wird. Man hat nämlich ausgerechnet, dass Israel auf zwei Drittel der Wasserressourcen verzichten müsste, die bereits heute nicht für eine ständig anwachsende Bevölkerung ausreichen, wenn die Regierung allen Forderungen der arabischen Staaten nachgibt.
Der Luftkorridor über Jerusalem und Tel Aviv, der den zivilen Flugzeugen Jordaniens eingeräumt wird, erschwert die Aufgabe der Luftwaffe, deren Trainingsbedingungen schon alles andere als einfach sind. Und wenn erst kraft der Abkommen von Oslo und Kairo ein "Landkorridor" an die PLO abgetreten wurde, um die Verbindung zwischen Gaza und Jericho zu gewährleisten (später zwischen Gaza und dem gesamten Judäa-Samaria sowie Jerusalem), fühlt man sich in diesem arg schmalen Land bald einmal in die Enge getrieben.
Unter diesen Umständen muss das starke Aufkommen der Islamisten in jede mögliche Form der politischen Beilegung des Konflikts miteinbezogen werden. Die israelische Regierung scheint jedoch die Lösung darin zu sehen, auf die "rationellen" Kräfte zu vertrauen, die sie der PLO und dem haschemitischen Regime zuschreibt, um auf diese Weise eine eventuelle Machtübernahme der Fanatiker rechtzeitig zu verhindern. Handelt es sich dabei aber nicht vielmehr um Wunschdenken ? Die Regierung Husseins profitiert von dessen Schwäche und erlaubt es sich, im Anschluss an ihr Bündnis mit dem Irak und Saddam auf dem Höhepunkt des Golfkriegs eine pro-amerikanische und angeblich pazifistische Haltung gegenüber Israel einzunehmen. Das kann man ihr nicht verübeln, müssen wir erfahren, damit gehorcht Jordanien in beiden Fällen der Notwendigkeit, der höheren Gewalt. Ist es aber wirklich ratsam, auf Sand zu bauen, wenn man weiss, dass das jordanische Regime mit dem Ableben des Königs ebenfalls verschwinden wird und die überwältigende palästinensische Mehrheit die Macht übernehmen könnte ?
Ungeachtet der offensichtlichen Unfähigkeit ihrer "Polizei", die Anschläge des Hamas gegen Israel zu vereiteln, sind die Aussichten der PLO, sich selbst mit verstärkter internationaler wirtschaftlicher Unterstützung in den Gebieten durchzusetzen, recht gering. Und Arafat hat immer betont, dass die PLO und Israel im Grunde den selben Kampf führen. Das Ziel dieses Kampfes wird immer deutlicher: der grosse Satan im Westen ist zweifellos der gefährlichste ideologische Widersacher. In der heutigen Situation ist es jedoch für die Islamisten einfacher und bequemer, den kleinen Satan, der durch den Zionismus, Israel und die Juden verkörpert wird, zuerst und mit allen Mitteln, darunter auch dem anscheinenden Kompromiss, in Angriff zu nehmen. Dieser Kampf wird bereits heute geführt. Morgen müssen wir daher ernsthaft auf der Hut sein.

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