Editorial
Von Roland S. Süssmann, Chefredakteur
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Im Verlauf der 70er Jahre wurde Arafat anlässlich eines heimlichen Besuchs in Vietnam von General Vo Nguyen Giap empfangen, dem Mann, der die Armeen Frankreichs und der USA besiegte. Arafat drückte sein Erstaunen darüber aus, dass der Sache der Vietnamesen soviel Sympathie entgegengebracht wurde, während sein eigener Kampf als Terrorismus galt. Der Meister des Kriegs der Aufständischen im 20. Jahrhundert antwortete ihm Folgendes: «Sie müssen etappenweise vorgehen, Ihre wahren Absichten verstecken, den Eindruck von Mässigung erwecken und vor allem die westlichen Medien manipulieren. Sie müssen drei verschiedene Instrumente einsetzen: das Militär, die Politik und die internationale Unterstützung. Ich hatte keinerlei Hoffnung, die 7. Flotte und ihre Hunderte von Flugzeugen zu schlagen, doch es ist mir gelungen, Bilder in die amerikanischen Wohnstuben zu übertragen, die zur Kapitulation der USA führten».
Aufgrund dieser Ratschläge setzte Arafat sofort eine Propagandamaschine in Gang, deren Ziel darin bestand, Israel seiner internationaler Unterstützung und seiner Legitimität zu berauben. Er hatte das ideale Mittel gefunden, um die «Richtigkeit der palästinensischen Sache» der freien Welt schmackhaft zu machen und seine in der PLO-Charta beschriebenen Ziele zu erreichen, die ebenfalls in einem 1968 im palästinensischen Magazin «Filastin al Thawara» erschienenen Artikel beschrieben werden: «Unsere Zielscheibe ist nicht die israelische Regierung, sondern jedes einzelne Mitglied der israelischen Gesellschaft. Unser Ziel ist es nicht, den Feind zu besiegen, sondern ihn zu vernichten und an seine Stelle zu treten». Neben der Propaganda hat die PLO zwei weitere Waffen eingesetzt: den selektiven Massenterror und den Wirtschaftskrieg. Der Zweck des Terrors ist die Zerstörung der psychischen, physischen und moralischen Widerstandskraft der israelischen Gesellschaft und die gleichzeitige Verstärkung des Kampfgeistes in den Reihen der Araber. Auch der Wirtschaftskrieg zeitigt schreckliche Folgen, wobei die schwerwiegendste darin besteht, dass die Joint-Venture-Finanzierung über andere Länder nicht mehr stattfindet. Arafats Vorgehen wurde anhand von Verlockungen und Drohungen meisterhaft inszeniert, indem abwechselnd Verhandlungen und Terroranschläge verwendet wurden. Mit dieser Einstellung unterschrieb Arafat die Osloer Verträge, es war nichts anderes als eine taktische Geste, damit die PLO ihrem Ziel etwas näher rückte. Danach musste nur noch ein letztes Element des Kampfes aktiviert werden, die Schaffung von Meinungsverschiedenheiten innerhalb Israels und in der jüdischen Diaspora. Diese Taktik erwies sich als erfolgreich, da heute zahlreiche junge Juden Israel nicht mehr als festen Bestandteil ihrer jüdischen Identität ansehen. Heute kommt man zwangsläufig zum Schluss, dass Oslo nichts mehr darstellte als eine betrogene Hoffnung und dass der gesunde Menschenverstand, das nationale Interesse und der Widerstandswille in Israel dadurch in den Dreck gezogen und zerstört wurden.
Welche Lehre sollen wir aus den grundlegenden Fehlern im Osloer Friedensprozess ziehen? Es wurden zwei schwer wiegende Irrtümer begangen, der eine politischer, der andere militärischer Art. In politischer Hinsicht hat Oslo den arabischen Terrorismus legitimiert und der PLO weltweit Respekt und Anerkennung verschafft. In strategischer Hinsicht gab Oslo der PLO eine territoriale Basis, dank der sie ihren Guerillakrieg gegen die israelische Bevölkerung verstärken konnte. Eines der Verhandlungsziele der PLO ist übrigens das Erhalten territorialer Vorteile ohne Waffengewalt. Vor Ort hat sich der jüdische Staat dieser Herausforderung in bemerkenswerter Manier gestellt, die offensiven und defensiven Massnahmen, mit denen die Sicherheit der Bevölkerung gesichert werden soll, haben sich trotz der Attentate als wirksam herausgestellt. Erinnern wir daran, dass seit dem 29. September 2000 über 18'000 Versuche von Anschlägen abgewehrt worden sind und dass die Politiker, die Armee und die Bevölkerung Israels seit drei Jahren angesichts des arabischen Terrors eine vorbildliche Würde, Disziplin und Zurückhaltung an den Tag legen, die dem jüdischen Volk alle Ehre machen!
Israel hat die Sicherheit immer als eine hauptsächlich militärische Frage angesehen, während es sich für die PLO in erster Linie um einen politischen Kampf handelt, dessen gewalttätiges Element nur ein einzelner Bestandteil ist. Auf politischer Ebene hat Israel seine Strategie vor kurzem geändert, da Politiker und Bevölkerung begriffen haben, dass es weder einen Friedensprozess noch irgendwelche Abkommen abzuschliessen gibt – es gilt nur einen Krieg zu gewinnen! Die grosszügigen und einseitigen Zugeständnisse der Israels wurden durch keine einzige Gegenleistung belohnt, und die Machenschaften der PLO haben mit der Unterstützung Europas dazu geführt, dass eine radikalisierte, verarmte palästinensische Bevölkerung entstanden ist, die einer korrupten Diktatur untersteht und ihre Momente des Glücks und der Hoffnung dann erlebt, wenn sich junge Araber in Israel in die Luft sprengen und dadurch Tod und Verderben in jüdische Familien bringen.
Eine weitere belastende Tatsache: die PLO und die Terroristen der islamischen Organisationen – mit denen sie intensiv zusammen arbeitet – profitieren von einer Unterstützung durch die arabische Bevölkerung in Judäa-Samaria, die israelischen Araber und die Beduinen im Negev. Aus Terroristen sind Freiheitskämpfer geworden.
Sie finden Unterschlupf, Verstecke und Nahrung in den arabischen Dörfern, die zum grössten Teil von der Landwirtschaft leben. Die einzige Möglichkeit Israels neben militärischen Massnahmen, diese Gefahr zu bekämpfen, besteht aus der jüdischen und zionistischen Antwort, d.h. dem Bau von neuen Siedlungen und der allmählichen Verstaatlichung von Grundstücken arabischer Bauern, welche die Terroristen unterstützen.
Im Kampf um das Überleben Israels rückt die Stunde der Wahrheit immer näher heran!
Israelis und Araber werden keine «umfassende Versöhnung und Verbrüderung» erleben. Es stehen einzig zwei Möglichkeiten offen. Die erste - der Sieg Israels - wird der palästinensischen Autorität und der Hegemonie ihrer Führung, den systematischen Morden an Juden und dem Plan eines neuen palästinensischen Staates in Israel ein Ende setzen. Die zweite - die Kapitulation des jüdischen Staates - bedeuten den Verlust der Kontrolle über lebenswichtige Gebiete, d.h. über Judäa, Samaria, Gaza und die Golanhöhen, sowie die Schaffung eines PLO-Staates oder eines islamischen Staates auf den Ruinen Israels, wobei ein Teil von Jerusalem zur Hauptstadt erklärt würde, was einem Selbstmord gleichkäme. Israel hat keine Wahl, es muss diesen Krieg gewinnen, um die Bedingungen für das Zusammenleben allein diktieren zu können und um von seinen Feinden endgültig als jüdischer Staat akzeptiert zu werden. In diesem Rahmen wäre es denkbar, wie dies in den Verträgen von Camp David (1978) vorgesehen war, den arabischen Bewohnern von Judäa-Samaria-Gaza eine administrative Autonomie unter der Leitung lokaler Anführer zu gewähren.
In diesen schwierigen Zeiten, in denen alles darauf hinweist, dass der Terrorismus demnächst die Oberhand gewinnen wird, dass die Islamisierung voranschreitet und der Antisemitismus und der Antizionismus sich in dem Masse verstärken, dass uns in der Schweiz 117'000 Menschen verbieten wollen koscheres Fleisch einzuführen, haben wir gute Gründe optimistisch zu sein. In seinem Kampf gegen den Terror besitzt Israel in Amerika einen gewichtigen Verbündeten, der einen erbitterten Feldzug gegen den neuen Totalitarismus, nämlich den islamischen Faschismus durchführt, der den Nationalsozialismus und den Kommunismus ersetzt hat. Die USA kämpfen um die Freiheit und um die Verbreitung der demokratischen Grundsätze.
Und was können wir, die Juden der Diaspora, tun? Als erstes natürlich Israel vermehrt unterstützen und zwar durch die jüdische Erziehung und durch Investitionen in Israel. Es gibt jedoch einen grundlegenden Aspekt, den wir gerne vergessen. Vor kurzem nahm ich an einer Bar-Mizwah in Zürich teil. In seiner Rede sagte der Vater nach den üblichen guten Ratschlägen zu seinem Sohn: «Vergiss nie, Israel immer nahe zu sein – so wie Israel Dir nahe steht und Dir als einem Juden der Diaspora erlaubt, aufrecht durchs Leben zu gehen».
In diesem Sinne wünscht Ihnen das gesamte Team von SHALOM ein ausgezeichnetes Jahr.