Editorial
Von Roland S.Süssmann - Chefredakteur
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Wer kennt Schmuel Ofan? Diesen 17jährigen Jungen, der seit dem 20. März auf seinem Krankenhausbett um sein Leben kämpft und hofft, nicht für immer verstümmelt zu sein und an Sprachstörungen zu leiden. Er hat sich nämlich das «unter Todesstrafe stehende» Verbrechen zuschulden kommen lassen, sich frei auf jüdischem, zu Israel gehörendem Gebiet zwischen Hebron und Beer-Scheva bewegt zu haben. Die arabischen Terroristen, deren Kugeln den Hals des jungen Schmulik durchschlugen und seinen Bruder Mendel verletzten, haben sofort danach in einem der palästinensischen, von den Unterzeichnern der Osloer Abkommen geschaffenen Homelands Unterschlupf gefunden. Gleich nach ihrer Ankunft in der Enklave wurden sie als Helden gefeiert und werden wahrscheinlich in die Elite-Garde von Arafat aufgenommen, diese Fatah-Armee mit der euphemistischen Bezeichnung «palästinensische Polizei». Dieser barbarische Akt bleibt nicht nur unbestraft, er hält auch Ehud Barak nicht davon ab, die Flucht nach vorn auf dem «Weg des Friedens» fortzusetzen, da er durch die Skandale um die illegale Finanzierung seiner Wahlkampagne, welche dem «Saubermann» der israelischen Politik die reine Weste beschmutzten, in Bedrängnis geraten ist und durch seine auf wackligen Füssen stehende Koalition isoliert wurde; immer mehr Gebiete tritt er an die PLO ab und posaunt dabei stolz: «Der Terrorismus wird den Friedensprozess nicht aufhalten!».
Seit dem schändlichen Handschlag vom 13. September 1993 zwischen Rabin und Arafat hat sich eigentlich nichts verändert: Israel hält sich in einseitiger Bemühung an alle Zugeständnisse zugunsten der Araber, unabhängig von der Gefahr, die dies für den jüdischen Staat bedeutet, während die Palästinenser, die Jordanier und die Syrer sich angesichts der Naivität des hebräischen Staates ins Fäustchen lachen. Der Wunsch nach Frieden stellt zwar in der israelischen Bevölkerung ein tiefes Bedürfnis dar und ihre Politiker verhandeln im besten Willen darüber, doch die Araber haben nie einen Hehl daraus gemacht - und sagen dies auch heute noch in aller Öffentlichkeit -, dass die Friedensverhandlungen für sie nur eine andere Form der Kriegführung gegen Israel verkörpern.
Heute stellt sich die Frage, bis wann und wo Israel seinem zügellosen Wettlauf um einen «Frieden um jeden Preis» fortsetzen kann, auch wenn dieser nur illusorisch ist.
Die eifrigsten Verfechter des sogenannten Friedensprozesses sehen ein, dass die grossen Hoffnungen, die anlässlich der verschiedenen Abkommen mit den arabischen Ländern aufkeimten, nicht Wirklichkeit geworden sind. Wirtschaftlich gesehen profitieren die Osloer Abkommen in erster Linie der PLO, die täglich in ihrem Kasino von Jericho eine Million Dollars kassiert, die von spielsüchtigen Israelis verschleudert werden. In Bezug auf Jordanien ist bekannt, dass 30’000 Jordanier illegal in Israel arbeiten, obwohl die Arbeitslosigkeit stetig steigt. Die Beziehungen zu Ägypten in den Bereichen Handel und Tourismus sind auf das absolute Minimum beschränkt. Auf politischer Ebene wird Israel weiterhin von sämtlichen Partnern des Friedens in allen internationalen Institutionen bekämpft, und seine Gegner lehren den Hass gegenüber Israel und den Juden in ihren Schulen. Darüber hinaus betreiben sie bei den israelischen, in Galiläa lebenden Arabern (die von Arafat seine Brüder des Innern genannt werden) ganz offen anti-israelische Propaganda, damit die arabischen Dörfer des Galil autonom werden und der Entscheidungsgewalt der PLO unterstellt werden.
Welche Zukunft erwartet Israel unter diesen Umständen? Im Hinblick auf Syrien darf man sich keinen Illusionen hingeben. Die Würfel sind sozusagen gefallen, da Ehud Barak möglicherweise in praktisch allen Punkten nachgegeben hätte. Die Gespräche befassen sich nun nur noch mit einigen Details «kosmetischer» Art, wie z.B. der israelischen Präsenz in der einen oder anderen Warnstation, dem Zugang Syriens zum Tiberiassee usw. Offen bleibt nun noch die libanesische Frage. Ein einseitiger Abzug wird die Situation nicht bereinigen, denn Assad wird seinen versteckten Krieg gegen Israel über die Terroristen des Hezbollah weiterführen. Barak ist also bereit zu akzeptieren, dass die Grenze mit Syrien sozusagen nur noch schwer zu verteidigen wäre und plant kaltherzig die Vertreibung von 20’000 Juden aus ihren Wohnungen auf dem Golan, der seit dem 14. Dezember 1981 zum israelischen Territorium gehört. Syrien gilt als einer der letzten noch bestehenden totalitären Staaten. Militärische Angriffe werden jedoch nicht von Demokratien gestartet, sondern von Diktaturen. Ein Vertrag mit Syrien kann folglich nur dann verlässlich sein, wenn das Land sich in eine Demokratie verwandelt, was in weiter Ferne zu liegen scheint. An dieser Stelle muss der Kernsatz aus der jüngsten Rede des syrischen Aussenministers Faruk Schara zitiert werden, der wenigstens kein Blatt vor den Mund nimmt: «Die Zurückerlangung von ganz Palästina ist langfristig ein strategisches Ziel.» Gleichzeitig leugnet die arabische Presse weiterhin einstimmig die Schoah und behauptet, Israel sei ein Naziregime.
Ist das ein Grund, alle Verhandlungen abzubrechen? Bestimmt nicht. Doch da im Mittleren Osten der Faktor Zeit von entscheidender Bedeutung ist, müssten die Verträge eine Zeitspanne für die Anpassung, die Prüfung und die gegenseitige Beobachtung vorsehen, und auf keinen Fall drakonische und übereilte Entscheidungen enthalten, die Israel in Gefahr bringen.
Dies sieht stark nach Schwarzmalerei aus. Ehud Barak hat sich verpflichtet, das Abkommen mit Syrien dem Referendum zu unterwerfen. Heute weist alles darauf hin, dass er es wohl verlieren wird. Der Ministerpräsident ist sich dieser Gefahr bewusst und wird wahrscheinlich neue Wahlen abhalten, die er angesichts der geschwächten und zerstrittenen Rechten bestimmt gewinnen würde.
Clinton, Barak und Assad sind die nächsten Kandidaten für den Friedensnobelpreis. Ausserdem können die Linken frohlocken, denn «ihr» Frieden steht vor der Tür. Die Syrer werden somit das Ufer des Kinneret ihr eigen nennen, der Hezbollah steht bald unmittelbar an der Nordgrenze Israels, weitere jüdische Gebiete von Judäa-Samaria (wo sich die wichtigsten Grundwasservorkommen im Herzen Israels befinden) gehen an die PLO, die dort ihre islamische Diktatur errichten kann, Jerusalem wird geteilt, und alle diese wunderschönen sogenannten Friedensverträge werden… anstelle von Tinte mit dem Blut der Opfer der zukünftigen arabischen Aggression unterzeichnet, die in diesen Verträgen vorprogrammiert ist. Erinnern wir daran, dass Iran, Irak und der Rest der arabischen Welt mit der Komplizenschaft der Europäer und Amerikaner übermässig aufrüsten.
Und dann? Dann beginnt die Verhandlung über das «Recht auf Rückkehr» der palästinensischen Flüchtlinge…, von dem vier Millionen Menschen betroffen sind, die von den Arabern willkürlich in den Kloaken der Flüchtlingslager in Jordanien, Syrien, im Libanon und in den von der PLO verwalteten Gebiete zurückgehalten werden und schon jetzt die Unterstützung des Vatikans für ihre Niederlassung in Israel zugesichert bekamen.
Israel will den Frieden. Dieser kann nur auf authentisch jüdische Weise entstehen, wie es im Psalm (XXIX-10) heisst: «Der Allmächtige gibt seinem Volk Kraft - der Allmächtige wird sein Volk durch Frieden segnen.» – Zuerst die Kraft, dann der Frieden.
Das gesamte Team von SHALOM wünscht Ihnen ein schönes Pessachfest.
Roland S. Süssmann
Chefredakteur

Jerusalem 2000.